Presseinformation

05.03.2025

Aktionsplan der EU für die Automobilindustrie sollte Synergien mit anderen Sektoren zulassen

Heute stellt die EU-Kommission den „EU Industrial Action Plan for the automotive sector“ vor. Das FZI Forschungszentrum Informatik rät, mehr auf mögliche Synergien als auf Sektorengrenzen zu achten.

Karlsruhe, 05.03.2025 – Zentrale Softwarebausteine und Datenzugang für zum Beispiel Fahrassistenzfunktionen, sogenannte Advanced Driver Assistance Systems (ADAS), werden in einer Vielzahl von Anwendungen eingesetzt. Deshalb sollte Innovation in zukünftigen Technologien und Fähigkeiten solche Synergien mit anderen Mobilitätsbereichen berücksichtigen und der Automotive-Sektor nicht losgelöst von anderen Bereichen betrachtet werden. Denn durch das Nutzen identischer Abschnitte können europäische Unternehmen wettbewerbsgerecht kooperieren, schneller entwickeln und Kosten sparen.

Um auf dieses schlummernde Potenzial der Technologieentwicklung hinzuweisen, hat sich das FZI Forschungszentrum Informatik an der öffentlichen Konsultation der EU-Kommission beteiligt. Diese hatte zum Strategischen Dialog zur Zukunft der europäischen Automobilindustrie Anfang Februar eine Beteiligung der Öffentlichkeit zugelassen. Nachdem diese beendet ist und nach mehreren Gesprächsrunden mit einem limitierten Kreis geladener Vertreter*innen wird Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch, 5. März 2025, den auf der Basis dieses Prozesses entwickelten „EU Industrial Action Plan for the automotive sector“ der Öffentlichkeit vorstellen.

Dem Strategischen Dialog zugrunde gelegt hat die EU-Kommission ein kurzes Konzeptpapier. Es diente als Ausgangspunkt für Gespräche und Beteiligung. Mit dieser Vorlage und auf Basis seiner Kernkompetenz der Entwicklung Software-basierter Mobilitätslösungen hat das FZI seine Stellungnahme formuliert.

Bereichsleiter Oliver Denninger, verantwortlich für die Stellungnahme des FZI, ist dieser Punkt besonders wichtig: „Aus technischer Sicht teilen sowohl der hochvolumige Automobilmarkt als auch die Märkte für Personen- und Logistikfahrzeuge mit niedrigen bis mittleren Stückzahlen viele gemeinsame Bausteine für Automatisierung. Beide können von der Verfügbarkeit hochwertiger Daten wie Kartenmaterial sowie intelligenter Infrastruktur profitieren. Eine Erweiterung des Fokus des Aktionsplans der EU-Kommission über den Automobilbereich hinaus auf Mobilitätslösungen könnte die Markteinführung beschleunigen und den erforderlichen Investitionsaufwand senken. Die hochintegrierte europäische Industrie hätte hier einen einzigartigen Vorteil gegenüber globalen Wettbewerbern.“

Denn Europa verfügt derzeit in diesen Bereichen nicht über eine ausreichende industrieübergreifende technologische Souveränität, konstatiert die Stellungnahme des FZI. Und weiter: „Daher sollte die Abgrenzung zwischen markt-differenzierenden und nicht- differenzierenden Fähigkeiten neu bewertet werden.“ Die Nutzung von Open-Source-Prinzipien könne ein faires Wettbewerbsumfeld schaffen, ohne größere Compliance-Probleme mit dem Wettbewerbsrecht zu verursachen. Beispielhaft tätig ist in diesem Feld die europäische Initiative Software-Defined Vehicle of the Future (SDVoF). Das FZI engagiert sich darin aktiv in den Projekten FEDERATE und HAL4SDV.

Auch Open-Data-Community-Paradigmen sollten in einem breiteren Sinne in Betracht gezogen werden. Sie fördern die Transparenz von Systemen und unterstützen die Entwicklung von KI-basierten ADAS-Funktionen und -Systemen. Dies könnte eine europäische Coopetition in diesem Bereich ermöglichen, also die Verbindung von Kooperation und Wettbewerb unter Einbezug von Wissenschaft und Gesellschaft.

Darüber hinaus sollte mittelfristig von der Europäischen Union über offene Hardware-Referenzarchitekturen nachgedacht werden, um einen vollständig souveränen Technologie-Stack zu ermöglichen. Denn dies ermöglicht innovative Open-Source-Communities näher an die marktgängige Anwendung heranzuführen, auch im Bereich von Mobilitätsystemen mit der Notwendigkeit zur Sicherheitsqualifizierung und Homologation. In dieser Richtung sollten Initiativen wie die CHIPS-JU High-Performance Automotive RISC-V Plattformen fortgeführt werden, um automobiltaugliche Ausführungsplattformen für ADAS bereitzustellen. Denn für sicherheitskritische Anwendungen müssen Software und Hardware gemeinsam betrachtet und entwickelt werden.

Über das FZI

Das FZI Forschungszentrum Informatik mit Hauptsitz in Karlsruhe und Außenstelle in Berlin ist eine gemeinnützige Einrichtung für Informatik-Anwendungsforschung und Technologietransfer. Sie bringt die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse der Informationstechnologie in Unternehmen und öffentliche Einrichtungen und qualifiziert für eine akademische und wirtschaftliche Karriere oder den Sprung in die Selbstständigkeit. Betreut von Professor*innen verschiedener Fakultäten entwickeln die Forschungsgruppen am FZI interdisziplinär für ihre Auftraggeber Konzepte, Software-, Hardware- und Systemlösungen und setzen die gefundenen Lösungen prototypisch um. Mit dem FZI House of Living Labs steht eine einzigartige Forschungsumgebung für die Anwendungsforschung bereit. Das FZI ist Innovationspartner des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und strategischer Partner der Gesellschaft für Informatik (GI).