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11.05.2023

Für das Netz der Zukunft

Einsatz des flexQgrid-Projektes für die nachhaltige Stromversorgung

Forschungsschwerpunkt: Smart Systems and Infrastructures

Eine nachhaltige Energieversorgung braucht intelligente Stromnetze: Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz seit November 2019 geförderte Projekt flexQgrid machte es sich daher zur Aufgabe, innovative Lösungen für das Stromnetz von Morgen zu entwickeln, das für den Haushalt der Zukunft bereit ist. Ende April fand nun das öffentliche Abschlusstreffen hybrid mit 400 online zugeschalteten und 80 Teilnehmenden in Präsenz statt, bei dem die Erkenntnisse des flexQgrid-Projektes vorgestellt wurden. Gewonnen wurden diese auch durch einen siebzehnmonatigen Feldtest in der südbadischen Gemeinde Freiamt.

 

Unser Energiesystem wird immer komplexer und dynamischer: Denn sowohl die Energieerzeugung als auch der Energieverbrauch unterliegt einem strukturellen Wandel. So steigt die Anzahl kleinerer, dezentraler Energieerzeugungsanlagen, die Großkraftwerke ablösen. Und auf Verbraucherseite findet ein Wandel hin zu Prosumer-Haushalten (zusammengesetzt aus Produzent und Konsument) statt, in denen der elektrische Verbrauch durch eine immer größer werdende Zahl an E-Fahrzeugen und Wärmepumpen dominiert wird. Batteriespeichersysteme werden dabei dazu genutzt, lokal erzeugten PV-Strom in Zeiten ohne PV-Stromerzeugung zu verschieben.

Dies führt insbesondere in den Stromverteilnetzen zu neuen Herausforderungen, um große PV-Überschüsse im Sommer oder die großen elektrischen Lasten durch Wärmepumpen und E-Fahrzeuge im Winter zuverlässig zu transportieren. Hier kann die Versorgungssicherheit durch Netzengpässe aufgrund überlasteter Leitungen und Transformatoren gefährdet werden – gegebenenfalls müssen dann sogar dezentrale Anlagen kurzzeitig gedrosselt oder abgeregelt werden.

Intelligente Smart-Grid-Technologien

Im Forschungsprojekt flexQgrid erforschte das FZI gemeinsam mit neun Projektpartnern aus Netzbetrieb, Industrie und Wissenschaft den Einsatz intelligenter Smart-Grid-Technologien.

Prosumer-Haushalte tragen durch die intelligente Koordination der Erzeugungs- und Verbrauchsanlagen dazu bei, das Stromverteilnetz stabil zu halten und Netzüberlastungen zu vermeiden. Dazu müssen sich die im Einsatz befindlichen Anlagen durch Steuerung flexibel anpassen lassen.

Optimale Koordination durch Netzampel

Als Instrument für eine optimale Nutzung und Koordination dieser Flexibilitäten diente im Projekt eine quotenbasierte Netzampel mit klassischen drei Ampelphasen. Sie macht den Netzzustand für Netzbetreiber, Marktteilnehmer und Kunden transparent und sorgt in Engpasszeiten oder in Zeiten von prognostizierten Engpässen dafür, dass die Gebäude-Energiemanagementsysteme (GEMS) der Prosumer-Haushalte Signale empfangen, um bedarfsgerechte und automatisiert die Anlagen zu steuern – mit dem Ziel, einen Netzengpass zu vermeiden bzw. aufzulösen. Das FZI war im Projekt dabei für die Entwicklung des GEMS als zentrale Komponente zuständig.

Das Netzampelkonzept funktioniert folgendermaßen: Prognostiziert der Verteilnetzbetreiber (VNB) eine Überlastung des Stromverteilnetzes springt die Netzampel auf gelb: Nun wird mithilfe eines entwickelten Quotenmodells zuverlässig durch das GEMS dafür gesorgt, dass die Prosumer-Haushalte ihre Leistung am Netzanschlusspunkt (NAP) entsprechend einer vom Verteilnetzbetreiber (VNB) vorgegebenen Quote anpassen. Kann der prognostizierte Engpass dennoch nicht beseitigt werden, wodurch ein tatsächlicher Engpass bevorsteht, tritt die Netzampel in ihre rote Phase ein. Daraufhin wird vom Verteilnetzbetreiber temporär ein Leistungssollwert für den Netzanschlusspunkt kommuniziert, der zuverlässig von den Prosumer-Haushalten durch das GEMS eingehalten wird.

 

Das GEMS kommuniziert zur Ermittlung der Ampelphase regelmäßig über intelligente Messsysteme sowie eine vom VDE FNN standardisierte Steuerbox den prognostizierten Lastgang sowie die energetische Flexibilität des Prosumer-Haushalts an den Netzbetreiber. Auf dieser Basis kann der Netzbetreiber berechnen, wie stark sein Netz in den nächsten Stunden ausgelastet sein wird und kann erkennen, ob eine Netzüberlastung bevorsteht und entsprechend die Netzampel auf gelb umschalten. Um die übermittelte Quote zu erreichen, steuert das GEMS die Energieanlagen im Haushalt so, dass die Leistung am NAP der Quote entspricht. Beispielsweise wird dafür die Ladeleistung eines Elektrofahrzeugladevorgangs temporär reduziert. Oder der lokale Strombedarf des Haushalts wird aus dem Batteriespeicher anstatt aus dem Netz gedeckt.

Durch intelligente Gebäude-Energiemanagementsysteme Netzengpässe vermeiden

Im Projekt konnte gezeigt werden, dass flexible Prosumer-Haushalte durch den Einsatz eines intelligenten GEMS einen wesentlichen Beitrag dazu leisten können, Netzengpässe in den Verteilnetzen zu vermeiden und aufzulösen. Darüber hinaus konnten wertvolle Erkenntnisse zur Ausgestaltung und Weiterentwicklung des regulatorischen Rahmens, wie beispielsweise der Umsetzung des § 14a aus dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) zur Integration von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen und Netzanschlüssen, gesammelt werden.

Pluspunkt im flexQgrid-Projekt: Siebzehn Monate Feldtest im südbadischen Freiamt

Ein besonderer Pluspunkt im flexQgrid-Projekt war die direkte Erprobung der technologischen Weiterentwicklungen in einem siebzehnmonatigen Feldtest in der südbadischen Gemeinde Freiamt. Der Feldtest umfasste im realen Netzbetrieb 23 Prosumer-Haushalte mit über 60 unterschiedlichen und an das GEMS angebundenen und gesteuerten Anlagen wie Wechselrichter von PV-Anlage, Batteriespeicher, Ladestation für Elektrofahrzeuge und Wärmepumpe. Der Feldtest setzte auch auf den regen Erfahrungsaustausch mit den Bürger*innen des Ortes, in dem – auch durch frühere erfolgreiche Projekte – bereits eine positive Energiewendestimmung herrscht.