Künstliche Intelligenz macht’s möglich
Roboter, die Satelliten im Weltall montieren
Forschungsschwerpunkt: Applied Artificial Intelligence
Ob im Smart Home, bei Sprachassistenten, in Navigationssystemen – Künstliche Intelligenz (KI) ist längst Teil unseres Alltags. In der Raumfahrt wird sie dagegen kaum genutzt. Der Grund: Die Anforderungen an die Zuverlässigkeit und Sicherheit sind hier besonders hoch und KI erfüllt diese bislang nicht. Dabei ist das Potenzial riesig: Mit KI könnten etwa Roboter im Weltall Satelliten zusammenbauen – was deutlich kostengünstiger ist, als sie auf der Erde zu montieren. Das FZI Forschungszentrum Informatik möchte daher mit dem Projekt VeriKI gemeinsam mit der Universität Würzburg sowie BSSE System & Software Engineering Künstliche Intelligenz auch für Weltraumanwendungen sicher nutzbar machen.
Karlsruhe, 11.12.2020 – Robust und sicher müssen Anwendungen in der Raumfahrt sein. Um zu gewährleisten, dass das auf eine Software zutrifft, muss diese verifiziert, also ihre Richtigkeit bestätigt werden. Es gibt zwar bereits gängige Verfahren zur Verifizierung, für Künstliche Intelligenz sind diese aber ungeeignet. „Das wäre viel zu teuer und zeitaufwändig“, erklärt Dr.-Ing. Arne Rönnau, Abteilungsleiter am FZI Forschungszentrum Informatik. VeriKI erforsche daher ein alternatives Zertifizierungskonzept, welches anhand von zwei Anwendungsfällen getestet werde. „Wenn es uns gelingt, ein geeignetes Konzept zu entwickeln, lösen wir damit eine große Barriere für die Anwendung von KI in der Raumfahrt auf“, so Rönnau. Als technologische Grundlage für das Projekt wird das quelloffene Robot Operating System ROS 2 verwendet. Das Framework besteht aus einer Reihe von Softwarebibliotheken sowie Open-Source-Tools und deckt viele Funktionen ab, die für das Projekt VeriKI wichtig sind. „Genau wie KI hat sich ROS 2 auf der Erde bereits bewährt“, erklärt Rönnau, „jetzt wollen wir das Potenzial auf den Weltraum übertragen.“
Anwendungsnah forschen mit Anwendungsfall aus der Raumfahrt
Beim Projekt VeriKI verantworten das FZI und die Universität Würzburg jeweils einen Anwendungsfall. Mit dem Anwendungsszenario, der in der Verantwortung des FZI liegt, möchte die Forschungsgruppe Roboter befähigen, im Weltraum Satelliten zu montieren. Einen großen, bereits zusammengebauten Satelliten ins Weltall zu transportieren ist in der Regel äußerst aufwändig und kostspielig. Daher ist die Möglichkeit, ihn in Einzelteilen ins Weltall zu schicken und vor Ort von einem Roboter zusammenbauen zu lassen sehr attraktiv. Die Montage ist allerdings komplex: „Aufgrund der zeitverzögerten Kommunikation würde es sehr lange dauern, den Roboter von der Erde aus zu steuern. Das ist praktisch nicht umsetzbar“, so Rönnau. „Daher muss der Roboter den Satelliten selbstständig montieren und dazu mit Künstlicher Intelligenz ausgestattet sein. Und wir möchten diese KI in unserem Anwendungsfall mit VeriKI verifizieren.“
Der Anwendungsfall, den die Universität Würzburg verantwortet, beschäftigt sich mit dem verifizierten Einsatz von Künstlicher Intelligenz für Lageregler. Satelliten benötigen diese, um stabil und sicher auf der Umlaufbahn der Erde zu fliegen. Mithilfe kleiner Steuerdüsen können Lageregler die Position von Satelliten regulieren. Das Einstellen eines Lagereglers ist gewöhnlich sehr aufwändig, doch mithilfe von Künstlicher Intelligenz soll der Aufwand reduziert werden. Künftig soll es möglich sein, dass sich der Lageregler intelligent im Weltraum selbst anpasst. „In dem Fall ist es besonders wichtig, dass die KI verifiziert ist und keine Fehler macht“, erklärt Rönnau. „Eine fehlerhafte Lageregelung kann nämlich dazu führen, dass der Satellit abstürzt. Das ist beispielsweise bei der NASA-Raumsonde Mars Polar Lander in den 90ern passiert.“
Das Konzept zur Verifizierung der eingesetzten Künstlichen Intelligenz wird hauptverantwortlich vom Unternehmen BSSE System & Software Engineering entwickelt. Hierbei gilt es zu identifizieren, welche Teile der Software nicht ohne Weiteres mit den bisherigen Methoden verifiziert werden können. Für diese Teile sollen neue Verfahren untersucht und, wenn notwendig, Absicherungen entwickelt werden. „Die Verifikation von Verfahren der künstlichen Intelligenz ist weltweit aktuelles Forschungsthema – jedoch derzeit fokussiert auf Bilderkennungssysteme. Im Vorhaben müssen wir also Ansätze finden, die für die Robotik und die Lageregelung geeignet sind,“ erklärt dazu Dr. Ralf Gerlich von BSSE. Das FZI und die Universität Würzburg unterstützen BSSE bei der Entwicklung des Konzepts.
In der Vergangenheit haben viele Entwicklungen aus der Luft- und Raumfahrt ihren Weg in die Industrie und sogar in unseren Alltag gefunden. Die Digitalkamera ist ein gutes Beispiel für solch eine Spin-Off-Technologie. Ziel des Forschungsprojekts VeriKI ist ein Spin-In, bei dem Künstliche Intelligenz und ROS 2 als erfolgreiche Technologien den Weg von der Erde ins Weltall finden.
Über das Projekt
Das Projekt VeriKI wird von Seiten des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie mit rund 943.000 Euro über zwei Jahre gefördert. Projektstart war der 01. September 2020. Als Projektträger übernimmt das Raumfahrtmanagement des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR). die Organisation und Verwaltung der Förderung
Über das FZI
Das FZI Forschungszentrum Informatik mit Hauptsitz in Karlsruhe und Außenstelle in Berlin ist eine gemeinnützige Einrichtung für Informatik-Anwendungsforschung und Technologietransfer. Es bringt die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse der Informationstechnologie in Unternehmen und öffentliche Einrichtungen und qualifiziert junge Menschen für eine akademische und wirtschaftliche Karriere oder den Sprung in die Selbstständigkeit. Betreut von Professoren verschiedener Fakultäten entwickeln die Forschungsgruppen am FZI interdisziplinär für ihre Auftraggeber Konzepte, Software-, Hardware- und Systemlösungen und setzen die gefundenen Lösungen prototypisch um. Mit dem FZI House of Living Labs steht eine einzigartige Forschungsumgebung für die Anwendungsforschung bereit. Das FZI ist Innovationspartner des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT).
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Johanna Häs
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